Das Patientendatenschutzgesetz enthält möglicherweise Bestimmungen, die gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen. Das legt zumindest eine Einladung des Bundesdatenschutzbeauftragten in die Bundespressekonferenz nahe. Auch der Bundesrat ist mit dem Gesetz noch nicht fertig.
Über „Folgen einer europarechtswidrigen Gesetzgebung beim Patientendatenschutzgesetz“ will der oberste Datenschützer Ulrich Kelber die Hauptstadtjournalisten in der kommenden Woche informieren. Dabei ist er nicht alleine. Auch seine Amtskollegen und –kolleginnen aus Baden-Württemberg, Brandenburg und Niedersachsen stehen auf der Rednerliste.
„Sofern meine Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass ein in Kraft befindliches Gesetz gegen Europarecht – namentlich die DSGVO – verstößt, kann ich die darauf basierende Datenverarbeitung mit entsprechenden Anordnungen unterbinden oder Veränderungen der Datenverarbeitung anweisen“, hatte Kelber Anfang August dem Portal heise.de gesagt.
Das Bundesamt für Datenschutz und Informationsfreiheit (BDSI) bestätigte dem änd die Richtigkeit der Zitate, verwies für weitere Informationen aber auf die angekündigte Pressekonferenz.
Kippt die Nutzung der Daten zu Forschungszwecken?
Unter anderem ruft die Nutzung von pseudonymisierten Gesundheitsdaten aus der elektronischen Patientenakte zu Forschungszwecken die Kritik der Datenschützer auf den Plan. „Die pseudonymisierte Auswertung der Versichertendaten, die zumindest teilweise einer besonderen Kategorie i. S. des Artikel 9 Abs. 1 DSGVO – den Gesundheitsdaten – zuzuordnen sind, stellt einen empfindlichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Versicherten dar. Es besteht die Gefahr, dass eine derartige ‚Datenrasterung‘ einen weiteren Baustein zur zukünftigen Komplettierung des ‚gläsernen Versicherten‘ liefert“, so Kelber gegenüber heise.de. Dies liege nicht im Interesse der Versicherten.
Probleme sieht Kelber aber auch, weil Einwilligungserfordernisse von Patienten zur Datennutzung an bestimmten Stellen gestrichen worden sind. Das ist nach Angaben des Bundesdatenschutzbeauftragten im Zuge der Beratungen von Änderungsanträgen im Gesundheitsausschuss erfolgt. „In der Formulierungshilfe war die Änderung, dass für die Verarbeitung personenbezogener Daten keine Einwilligung benötigt wird, nicht enthalten, diese muss im Ausschuss selbst vorgenommen worden sein“, so Kelber zu heise.de.
Das PDSG ist Anfang Juli im Bundestag verabschiedet worden. Bei der Verabschiedung hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betont, es sei wichtig, „dass wir auf höchstem Niveau nach europäischer Datenschutz-Grundverordnung und auf deutschen Servern die sehr sensiblen Daten unserer Bürgerinnen und Bürger speichern“.
Droht ein Veto der Länder?
Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist das Gesetz im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig und soll bereits im Herbst in Kraft treten. Doch der Bundesrat hat das Beratungsverfahren dazu noch nicht abgeschlossen.
Wie ein Sprecher dem änd bestätigte, steht das Gesetz im September erneut auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses der Länderkammer. Auch wenn das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, könnte der Bundesrat Einspruch gegen das Gesetz einlegen. Die Länderkammer hatte bereits in ihrer Stellungnahme im Mai zahlreiche Bedenken formuliert – auch mit Blick auf die europäischen Datenschutzregelungen.
Quelle: https://www.aend.de/article/207595 , 13.08.2020, 16:11, Autor: am
Ärztenachrichtendienst (abgerufen 14.08.2020)
1 Gedanke zu „Verstößt das PDSG gegen Europarecht?“
Rathsmann-Sponsel, Irmgard 5. September 2020 um 16:31
Ich bin eine nicht an die TI angeschlossene psychologische Psychotherapeutin aus Erlangen und unterstütze Ihr Anliegen aus vollem Herzen. Ich verstehe nicht, dass sich so viele KollegInnen haben anschließen lassen, speziell nicht von den psychologischen PsychotherapeutInnen, aber auch für ÄrztInnen scheint es mir im wohlverstandenen PatientInnen-Interesse problematisch zu sein, unter den gegebenen Gesetzesbedingungen an die TI angeschlossen zu seinIch liebe meinen Beruf, aber notfalls gehe ich eher in Rente als geplant. An die TI lasse ich mich nicht anschließen